Hector Berlioz  komponierte zwischen Oktober und Juli 1850 das Oratorium „Des Heilands Kindheit (L‘Enfance du Christ)“. Berlioz hatte das Werk nicht von Anfang an in der vorliegenden und endgültigen Form konzipiert. „Die Flucht nach Ägypten“, der zweite Teil der Trilogie, bildet ein „Werk im Werk“, das zuerst für sich allein entstand, bevor die beiden anderen Teile, „Der Traum des Herodes“ und „Die Ankunft in Sais“, um das Werk gruppiert wurden.

Die 3 Nummern, aus denen „Die Flucht nach Ägypten“ besteht, wurden nach Angaben Berlioz‘ im Oktober 1850 niedergeschrieben. Am 12.11.1850 wurde der Abschiedsgesang der Hirten das erste Mal während eines Konzertes der Société Philharmonique unter der Leitung des Komponisten in Paris aufgeführt. Legende und Pantomime wurde am 30.05.1853 aufgeführt, als es bei einem Konzert der Royal Philharmonic Society in London erklang. Bereits kurz darauf begann dieses Stück bei Konzerten in Frankfurt a.M., Braunschweig, Hannover und Bremen auch das deutsche Publikum zu bezaubern. Am 1.12.1853 wurde „Die Flucht nach Ägypten“ im Leipziger Gewandhaus als Ganzes aufgeführt. Zur gleichen Zeit plante Berlioz bereits eine Erweiterung seiner biblischen Legende. Die „Ankunft in Sais“, der künftige dritte Flügel des Werks, nahm schnell Gestalt an. Am 24.01.1854 war die Arbeit bereits so weit fortgeschritten, dass 6 Nummern im Entwurf vorlagen, jedoch noch nicht instrumentiert waren. 3 Monate später war die Arbeit abgeschlossen. Bald darauf ging Berlioz daran, Ideen für den ersten Teil der Trilogie sacrée zu sammeln. Ab Juni begann er die konkrete Arbeit an „Der Traum des Herodes“ und beendete die Partitur am 25.07.1854. Das Gesamtwerk wurde am 10.12.1854 in der ausverkauften Salle Herz in Paris unter Leitung von Berlioz uraufgeführt. Nach dem großen Erfolg der Uraufführung fand das Werk auch über Frankreich hinaus schnell eine weite Verbreitung.

Voraussetzung für eine erfolgreiche Aufführung im Ausland war jedoch die Übersetzung in die Landessprache. Berlioz bedauerte deshalb, dass er über keine deutsche Übersetzung verfügte, als er „Die Flucht nach Ägypten“ 1853 in Deutschland aufführte. Zwar existierte von diesem Teil eine Übersetzung in der Erstausgabe von 1852, die jedoch nicht die Zustimmung des Komponisten fand. Berlioz trat deshalb an Peter Cornelius heran, um ihn um eine Übersetzung des Stückes zu bitten. Obwohl auch diese Übersetzung nach Meinung des Komponisten Mängel in der Sprachqualität aufwies, vertraute er weiterhin Cornelius als Übersetzer, sodass dieser auch die anderen beiden Teile ins Deutsche übertrug und damit die lange gebräuchliche Textfassung lieferte.

Entnommen (in Teilen) aus Till Reininghaus (nach dem Vorwort der Partitur von Paul Prévost) – Carus Verlag CV 70.038/03
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